Harvard Prinzip und Preisverhandlung
Es lebe das Gewinnen Harvard Prinzip?
Die meisten Verkäufer gehen mit einem Ziel in wichtige Verhandlungen: Eine Win Win Situation herbeizuführen und kein Porzellan zu zerschlagen. „Vergessen Sie Win-Win – verhandeln Sie optimal“, sagt Vertriebsspezialistin Ulrike Knauer gebürtig aus München. Sie erklärt, warum das im Verkauf langfristig zum Erfolg führt, wieso Spitzenverkäufer sich immer auf das Gewinnen konzentrieren und wie sie dabei vorgehen – auch bei der Preisverhandlung.
Viele Verkäufer orientieren sich in ihren Verhandlungen immer noch am Harvard Prinzip. Ihr Ziel ist das Erreichen einer klassischen Win-Win Situation. Ein Abschluss, der für sie ganz OK ist, bei dem auf keinen Fall Porzellan zerschlagen wird und das positive Terrain für die nächste Verhandlung mit genau diesem Käufer in genau diesem Unternehmen bequem gelegt ist. Eine solche Attitüde hat jedoch mit wirklich erfolgreichem Verkauf nicht das Geringste zu tun. Das ständige Anpeilen von Win-Win-Resultaten wird sich langfristig negativ auf die Verkaufsergebnisse auswirken
Im erfolgreichen Verkauf kann Win-Win gar nicht funktionieren. Beide Verhandlungspartner in einem wichtigen Verkaufsgespräch haben ja hohes Interesse daran, für ihr Unternehmen exzellent abzuschneiden. Sie werden also machtvoll jeweils im eigenen Interesse agieren müssen. Dabei kommt es stark darauf an, wie genau die Machtverhältnisse zwischen den Verhandlungspartnern verteilt sind und wer die höhere Bereitschaft mitbringt, diese Macht auch für sich und einen wirklichen Verhandlungserfolg einzusetzen. Wenn ein Verhandlungspartner hohes Interesse hat, zu gewinnen und gleichzeitig die Macht dazu, dann wird er auch gewinnen. So wie es auch im Automobilbereich bisher üblich war.
Fair verhandeln, aber das Gewinnen im Auge behalten
Spitzenverkäufer wissen, dass die Tatsache, Win-Win nicht anzustreben, nicht automatisch bedeutet, eine Verhandlung um jeden Preis und „mit dem Kopf durch die Wand“ zu gewinnen. Natürlich ist es wichtig, fair zu verhandeln und dem Gegenüber keinen Gesichtsverlust zu bereiten. Ihr Verhandlungspartner sollte nie das Gefühl vermittelt bekommen, massiv verloren zu haben. Der Boden für neue Verhandlungen darf nie nachhaltig zerstört sein. Für beide Verhandlungsseiten muss immer die Möglichkeit der Fortsetzung der persönlichen Beziehungen gewahrt werden.
Gewinnen wollen sitzt im Kopf
Einem Verkäufer muss aber trotzdem jederzeit klar sein, dass er nicht angetreten ist, um die hohe Schule der Diplomatie anzuwenden, sondern stets den optimalen Abschluss für sein Unternehmen zu erzielen. Und dass es niemals um einen Kompromiss für beide Verhandlungsseiten, sondern um die optimale Verhandlung und damit den optimalen Abschluss für die eigene Seite gehen muss. Eine solche Verhandlung kann nur im Kopf und mit der richtigen gedanklichen Einstellung gewonnen werden.
Ein optimaler Abschluss bedingt optimale Vorbereitung
Bei allen Verhandlungen geht es um zwei Dinge: Darum, wer die Macht besitzt und wer das höhere Interesse hat. Betreffend die Macht hat sie immer derjenige, dessen Gegenüber denkt, dass er sie hat. Macht ist subjektiv. Spitzenverkäufer mit hohen Abschlussquoten checken im ersten Schritt, wie hoch die (Verhandlungs)Macht des Gegenübers im Vergleich zur eigenen Machtposition tatsächlich ist. Ist das Interesse des Verhandlungspartners am Abschluss sehr hoch, wird damit auch die eigene Machtposition steigen. Sind die Machtpositionen unausgeglichen, überlegen Verkaufsprofis sofort, wie sie ihren eigenen Machtbereich erhöhen können.
Denn wer keine oder wenig Macht hat, der braucht nicht mehr zu verhandeln, der hat schon verloren. Wenn Sie als Verkäufer in der Vorbereitung feststellen können, dass die Machtpositionen einigermaßen ausbalanciert sind, steht einem optimalen Verhandlungsergebnis in eigener Sache nichts im Wege.
Der nächste Schritt im Rahmen der optimalen Verhandlung ist die Festlegung des Minimalzieles und Maximalziels. Das Minimalziel entspricht jenem Resultat, das unbedingt erreicht werden muss. Das Maximalziel sollten Sie hoch ansetzen, sonst geben Sie zu früh auf. Legen Sie Ihr Ziel sehr hoch, und Sie werden mehr erreichen. Zur optimalen Vorbereitung gehört auch die Festlegung des „Point of no Return“, des endgültigen Ausstiegs aus der Verhandlung, wenn sich gar nichts mehr bewegen will. Diese Grenze sollten Sie in Ruhe und vor Beginn der Gespräche festlegen und nicht schon im Stress der Verhandlungssituation. Dann würden Sie diesen „Point of no Return“ zu früh setzen, denn Stress führt zu Fehlern.
Wer fordert, der bekommt in der Preisverhandlung
Verkäufer, die wissen, wie ein optimaler Abschluss funktioniert, bereiten einen Forderungskatalog im Sinne des Ampelsystems vor. Er erlaubt es ihnen, jederzeit die Übersicht über die Verhandlung zu bewahren. Sie überlegen sich, welche Interessen Ihr Gegenüber tatsächlich hat und bauen daraus einen Forderungskatalog, kategorisiert nach den Farben rot, gelb und grün. Die roten Forderungen müssen durchgesetzt werden, ansonsten ist der „Point of no Return“ erreicht, und die Verhandlung endet. Die gelb belegten Forderungen können, müssen aber nicht durchgehen. Und die grünen Forderungen sind einem Verkäufer der so taktiert, im Grunde vollkommen gleichgültig. Gewiefte Verkäufer legen ihrem Verhandlungsgegner drei grüne Forderungen vor, die überzogen sind. Diese werden von der gegnerischen Seite abgelehnt.
Danach legt der Spitzenverkäufer seine rote, unbedingte Forderung vor. Die Gegenseite ist dankbar, aus dem Stress der unmöglichen grünen Forderungen herauszukommen und lenkt ein. Diese Forderungen im Detail im Vorhinein festzulegen, ist ein wichtiger Teil der Vorbereitung auf eine Verkaufsverhandlung mit optimalem Ergebnis. Viele Verkäufer begehen hier den Fehler, zu wenig grüne Forderungen vorzubereiten und somit keine Verhandlungsmasse zu haben.
Verkäufer, die langfristig so agieren, werden die Win-Win Falle auch bei der Preisverhandlung bald hinter sich lassen und nur noch äußert erfolgreiche Abschlüsse erzielen.
Das Harvard Prinzip hat eben nur zum Teil recht, ich gebe Ihnen recht
Win Win geht aus meiner Sicht absolut nicht